Die Corona-Pandemie sorgte für einschneidende Maßnahmen in der Gesellschaft. Vieles, was als Selbstverständlichkeit betrachtet wurde, hat sich von einem auf den anderen Tag verändert oder war plötzlich überhaupt nicht mehr möglich. Auch die Nachfrage nach Therapieangeboten ist deutlich gestiegen.
Die Schutzmaßnahmen und Kontaktbeschränkungen zur Covid-19-Pandemie haben große Auswirkungen auf die allgemeine und auf die psychische Gesundheit der Menschen. Viele beschreiben, dass sie verstärkt Ängste und Depressionsanzeichen bei sich wahrnehmen. Die Isolation verbunden mit Existenzängsten und Perspektivlosigkeit erzeugt bei vielen Menschen eine psychische Belastung.
Seit Beginn der Pandemie sind die Anfragen in Psychotherapiepraxen um 40 % gestiegen. Auch die Krankenkassen melden, dass die Zahl der hilfesuchenden Menschen steigt. Angst, Stress und Depressionen haben seit dem Frühjahr 2020 zugenommen.
Vor allem Frauen unter 60 Jahren fühlen sich durch depressive Krankheits- und Angstsymptome beeinträchtigt. Der empfundene Stress nahm in allen Altersklassen zu, besonders jedoch bei 30- bis 49-Jährigen (Umfrage der NAKO Gesundheitsstudie Mai 2020). Homeoffice, die Betreuung der Kinder, der Haushalt – all das musste oft unter einen Hut gebracht werden.
„Social Distancing“ – Auswirkungen der Isolation
Das sogenannte „Social distancing“ zeigt während der Isolation in der Corona-Pandemie deutliche psychosoziale Auswirkungen. Jeder Mensch verfügt über ein „soziales Gehirn“. Wir reagieren sensibel auf fehlenden sozialen Austausch. Soziale Routinen sind wichtig, wir sind “Rudel-Menschen”, die sich gegenseitig schützen und unterstützen:
“Es braucht ein ganzes Dorf, um ein Kind großzuziehen” (Senegal).
Regelmäßige Treffen im Freundes- und Familienkreis oder im Sportbereich sind weggebrochen und verloren gegangen. Die Auswirkungen sind im Gehirn bei der Nucleus accumbens-Funktion spürbar. Dieser Bereich im Gehirn ist ein zentraler Teil des Belohnungssystems.
Unser Belohnungssystem gibt uns bei sozialen Kontakten ein gutes Gefühl, indem es den Botenstoff Dopamin ausschüttet. Handlungen werden so positiv verstärkt. Wird unser Nucleus accumbens seltener aktiviert, weil wir weniger sozialen Kontakt haben, so fühlen wir uns im Alltag weniger motiviert. Der mangelnde soziale Austausch gilt als Hauptauslöser für psychische Probleme.
Fehlende Strukturen
Strukturen geben uns Halt und Sicherheit. Durch Corona wurden gewohnte Strukturen wie Aufstehen, Unterrichtsbeginn, Mittagspause und Feierabend aufgeweicht. Das hat Auswirkungen auf den präfrontalen Cortex. Der präfrontale Cortex in unserem Gehirn ist für die Ausführung von exekutiven Aufgaben und für das Arbeitsgedächtnis verantwortlich. Strukturen helfen dem präfrontalen Cortex, der wie ein Filter funktioniert, im Arbeitsgedächtnis abzuspeichern, was man wann und warum tut.
Einerseits fallen im Arbeitsgedächtnis eingespeicherte Routinen plötzlich einfach weg, die das Denken vereinfachen. Andererseits müssen ständig neue Nachrichten und Eindrücke wie geänderte Kontaktbeschränkungen, Impfregeln etc. verarbeitet werden. Es kann dadurch zu einer kognitiven Überforderung kommen.
Fehlende Strukturen führen häufig zu Unkonzentriertheit, der Schwierigkeit sich zu fokussieren und dazu, sich leichter ablenken zu lassen.
Fehlende Inspiration
Erlebnisse wie eine Reise oder ein Restaurantbesuch inspirieren uns zu Tagträumen. Fehlen diese Inspirationen, hat das unter anderem Auswirkungen auf unser Grundeinstellungsnetzwerk, die Hirnaktivität im “Ruhemodus”.
Auch wenn das Gehirn nichts tut, ist es aktiv, im sogenannten „default mode network“. Befindet sich das Gehirn in diesem Modus, kann es abschweifen und dabei über den sogenannten Tellerrand schauen. Dafür braucht es Inspiration. Fehlende Inspiration führt zu sinkender Kreativität, einer “Grübelstimmung” und unterstützt negative und sorgenvolle Gedankenschleifen.
Negative Eindrücke
Seit Beginn der Corona-Krise sind wir ständig mit neuen Informationen und Entwicklungen konfrontiert und müssen uns in ungewohnten Situationen zurechtfinden.
Diese Umstände haben Auswirkungen auf den Hippocampus, der für das Gedächtnis, das Lernen und Erinnern verantwortlich ist. Der Hippocampus ist sehr anpassungsfähig und reagiert schnell auf äußere Reize. Er entscheidet, was im Arbeitsgedächtnis abgespeichert wird.
Der Hippocampus kann durch die vielen neuen Eindrücke überfordert sein, die vielen Eindrücke führen zu Vergesslichkeit. Durch die Dauerstimulation fällt es schwerer, Gedächtnisinhalte zu organisieren. Auch Stress beeinflusst den Hippocampus wesentlich. Der dauerhafte Spagat, dem Jonglieren zwischen Homeoffice und Homeschooling oder dem Bangen um die berufliche Existenz, kann zu chronischem Stress führen.
Chronischer Stress hat Auswirkung auf die Amygdala, unser Angstzentrum. Hormone wie Cortisol und Noradrenalin werden bei Stress im Gehirn ausgeschüttet und aktivieren unter anderem die Amygdala.
Gereiztheit, Panik, Überforderung und Hilflosigkeit sind mögliche Folgen. Normalerweise werden Hormone nach einer Stresssituation herunterreguliert. Bei chronischem Stress wird die Amygdala überstimuliert. Sie wird sehr sensibel, sodass auf Negatives überreagiert wird.
Die globale Pandemie ist für uns kaum zu beeinflussen und wir können durch unser Handeln wenig entgegensetzen, wir fühlen uns ausgeliefert. In unserem Leben ordnen wir Sinneseindrücke verschiedenen Emotionen zu. Die stärksten Emotionen sind die negativen: Angst, Trauer und Wut.
Dass sich Hirnareale irreversibel verändern, ist jedoch nicht der Fall. Die Folgen für unsere Kinder und Jugendliche sind allerdings schwerwiegender. Ihre Psyche leidet stärker und nachhaltiger. Für die meisten Erwachsenen gilt das nicht, sie können Situationen besser kompensieren und haben eine höhere Anpassungsfähigkeit.
Sie haben Probleme, die Zeit der Pandemie und das Erlebte richtig zu verarbeiten? Sie haben depressive Verstimmungen entwickelt und suchen Unterstützung? Ich bin gerne für Sie da und unterstütze Sie als Heilpraktikerin für Psychotherapie in Hamburg.