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Wie gehe ich mit depressiven Menschen um?

Die Depression ist die am häufigsten auftretende psychische Erkrankung. Aufgrund der hohen Dunkelziffer und der Tatsache, dass viele Depressionen nicht als solche erkannt werden, sind die Zahlen darüber, wie hoch der Betroffenen-Anteil wirklich ist, sehr unterschiedlich.

Mehr als 10 % der Deutschen erkranken im Laufe ihres Lebens an einer Depression. Dabei sind Frauen doppelt so oft betroffen wie Männer. Das kann genetisch bedingt sein oder mit den unterschiedlichen sozialen Rollen zusammenhängen. Allerdings sterben deutlich mehr Männer an depressionsbedingten Suiziden. Suizidversuche oder parasuizidale Handlungen sind bei Frauen im Alter zwischen 15 und 24 Jahren am häufigsten.

Auch Winterdepressionen und Altersdepression bei 70 bis 74- jährigen sind weitere Erscheinungsformen. Hier sind Frauen doppelt so häufig betroffen wie Männer. 

Häufige Symptome einer Depression

Depressionen werden gemäß medizinischer Diagnose nach ICD10 F3 behandelt, wobei nochmals nach Schweregrad unterschieden wird. 

Charakteristisch sind drei Hauptsymptome:

  • Interessenverlust
  • Antriebslosigkeit
  • Depressive Stimmung

Die Symptome dauern über einen Zeitraum von mindestens zwei Wochen an. 

Depression ist keine Traurigkeit, wie oft fälschlicherweise angenommen wird, sondern ein Zustand, in dem die Empfindung aller Gefühle reduziert ist. Betroffene schildern oft ein „Gefühl der Gefühllosigkeit“. 

Dazu kommen weitere Zusatzsymptome wie das Gefühl der Minderwertigkeit, Schuldgefühle, Müdigkeit, eine verringerte Konzentrations- und Entscheidungsfähigkeit, Gedankenkreisen, langsameres Denken, Reizbarkeit, Ängstlichkeit bis hin zur Unfähigkeit des Zeigens einer Gefühlsreaktion und verringertes sexuelles Interesse. Häufig tritt bei einer akuten Depression auch eine völlige Unmotiviertheit auf. Die Betroffenen werden passiv und sind beispielsweise nicht in der Lage, einfache Tätigkeiten wie einkaufen zu gehen zu übernehmen. Sie bleiben, für Außenstehende unverständlich, tagelang im Bett.

Depressive Angehörige - wie kann ich helfen?

Körperliche Symptome bei einer Depression äußern sich oft durch Appetitlosigkeit, Verspannungen, Kopfschmerzen, Gewichtsverlust- oder zunahme, Schlafstörungen und andere körperliche Beschwerden.

Die Schlafstörungen äußern sich meist in Tagesmüdigkeit, Durchschlaf- und Einschlafstörungen sowie Früherwachen und Wachbleiben mit Gedankenkreisen.

Auch Wahnvorstellungen wie etwa Verarmungswahn sind gelegentlich möglich. Ebenfalls ist ein somatisches Syndrom, bei dem mehrere Krankheitszeichen gleichzeitig auftreten, möglich.

Je nach Schwere der Depression kann es zu latenter oder akuter Suizidalität kommen.

Es wird vermutet, dass der größte Teil der jährlichen ca. 12.000 Suizide in Deutschland (Männer: 8.8000, Frauen: 3.400) auf Depressionen zurückzuführen sind. Damit sterben mehr Menschen in Deutschland an Depressionen als an Verkehrsunfällen.

Die Dauer einer einzelnen depressiven Episode beträgt unbehandelt etwa sechs bis acht Monate. Bei adäquater Therapie kann die Episodenlänge auf zwei bis vier Monate reduziert und auch die Krankheitsintensität verringert werden. Bei 80% der Patienten kommt es zu einem Rückgang der depressiven Symptomatik innerhalb von zwei Jahren, etwa zwanzig Prozent zeigen einen chronischen Verlauf.

Mögliche Ursachen für eine Depression

Bei einer Depression handelt es sich um eine multikausale Erkrankung. Die Ursachen, die zu einer Depression führen, sind noch nicht vollständig aufgeklärt. Erniedrigung, Entwertung und Verlust von engen Beziehungen sowie auch Stress scheinen eine Ursache zu spielen. Botenstoffe und deren Produktion, Kortisol und Serotonin, haben ebenfalls Einfluss auf die Stressinteraktionen der Betroffenen.

Eine Krise kann einen kranken Menschen in einen Teufelskreis reißen, den er alleine nur sehr schwer durchbrechen kann. Schulische, berufliche und zwischenmenschliche Beziehungen können darunter leiden. Das krankheitsbedingte Ausbleiben von Erfolgserlebnissen und das häufigere Erleben von Rückschlägen führt in das für die Depression bestimmende Denkmuster von Hilfs- und Hoffnungslosigkeit: „Ich bin schlecht, die Welt ist schlecht, alles ist schlecht“. Diese Denkweise wird als “Kognitive Triade” nach Beck bezeichnet.

Wie gehe ich mit depressiven Menschen um?

Wichtig ist es, in einem ersten Schritt organische Ursachen wie Schilddrüsenfunktionsstörungen, Hypophysen oder Nebennierenerkrankungen medizinisch differenzialdiagnostisch abzuklären. 

Körperliche Bewegung an der frischen Luft wie walken, joggen oder Radfahren, aber auch Entspannungstechniken wie die progressive Muskelentspannung, viel Sonnenlicht und Kälte-Güsse nach Sebastian Kneipp wirken sich positiv aus und können helfen. 

Wenn Sie Hilfe benötigen oder einen Ansprechpartner wünschen, mit dem Sie Ihre Gedanken teilen können, sprechen Sie mich gern jederzeit an.

So gehen Sie auf eine betroffene Person zu

Wenn Sie eine Person kennen und das Gefühl haben, dass diese von einer Depression betroffen ist, versuchen Sie mit der Person über ihre Situation zu sprechen.

Dabei ist es wichtig, dass Sie einen passenden Zeitpunkt und Ort finden, um die Person auf ihre Schwierigkeiten anzusprechen. Beide müssen für das Gespräch bereit sein und sich wohlfühlen. Es hilft, wenn Sie signalisieren, dass Sie für ein Gespräch offen sind und dass Sie, wann immer die betroffene Person möchte, Zeit für ein vertrauensvolles Gespräch haben. 

Üben Sie auf  keinen Fall Druck aus. Es ist hilfreich, wenn die Person den Zeitpunkt selbst bestimmen kann. Spricht die Person nicht von sich aus an, was sie beschäftigt, dann sollten Sie das Thema behutsam ansprechen. Versuchen Sie,  während des Gesprächs auf Anzeichen einer Krise oder Selbst- und Fremdgefährdung zu achten.

Ein möglicher Einstieg in das Gespräch könnte die Frage sein, wie es dem Gegenüber geht und wie lange sie sich schon so fühlt. Zuhören und unvoreingenommen sein sind wichtige Aspekte, damit die Person sich verstanden fühlt und merkt, dass sie nicht verurteilt oder bewertet wird. Das macht es leichter über Schwierigkeiten und Probleme zu reden und eventuell Hilfe anzunehmen.

Folgende weitere Punkte helfen Ihnen bei einem Gespräch:

  • Versuchen Sie, auf Ihre innere Haltung, Ihr verbales und nonverbales Kommunikationsverhalten zu achten, um wertfrei zuhören zu können und um Ihr Gegenüber zu akzeptieren. Bedenken Sie immer: Psychische Störungen und Erkrankungen haben nichts mit Schwäche oder Faulheit zu tun.
  • Seien Sie besonders vorsichtig bei der Wortwahl und stigmatisieren Sie nicht durch Stempel wie „süchtig“ oder „geistig krank“. Zeigen Sie stattdessen Mitgefühl, indem Sie äußern, dass Sie Verständnis für die Schwierigkeiten haben, die Ihr Gesprächspartner gerade durchmacht. 
  • Stellen Sie Fragen, die zeigen, dass Sie besorgt sind und verstehen möchten, was die Person sagt und wie es ihr geht. Überprüfen Sie, ob Sie das Gesagte richtig verstanden haben, indem Sie es in Ihren Worten nochmals formulieren und zusammenfassen. Dabei können auch nonverbale Signale Hinweise auf das Gefühlsleben geben. 
  • Wenn möglich, unterbrechen Sie das Gespräch nicht. Seien Sie geduldig, auch wenn es der Person schwerfällt, flüssige Sätze zu formulieren, Wiederholungen äußert oder langsamer als üblich spricht.
  • Vermeiden Sie Ratschläge, wie „sei nicht so traurig“  oder „reiß dich mal zusammen“- wenn es möglich wäre, hätte die Person genau das bereits getan. Außerdem sollten Sie Konfrontationen vermeiden, außer sie sind notwendig, um Gefahren oder Schäden abzuwenden.
  • Denken Sie daran, dass Pausen und schweigen in Ordnung sind. Andernfalls könnte es sein, dass es der Person schwerfällt, den Gesprächsfaden wieder aufzunehmen.
  • Nehmen Sie eine offene Körperhaltung ein und versuchen Sie Blickkontakt zu halten, ohne Ihr Gegenüber dabei anzustarren. Im Idealfall setzen Sie sich neben die Person statt direkt gegenüber. Vermeiden Sie ablenkende Gesten, schauen Sie nicht auf Ihr Handy und lassen Sie Ihren Blick nicht abwesend in der Gegend schweifen.
  • Ermutigen Sie die Person, bei anhaltender negativer depressiver Stimmung professionelle Hilfe und Unterstützung aufzusuchen. Eine professionelle Hilfe ist nach mehr als zwei Wochen anhaltender Depression und einer Beeinträchtigung des Alltags gerechtfertigt.
  • Möglicherweise möchte die Person keine Hilfe annehmen, weil sie fälschlicherweise denkt, in ein Heim oder „weggeschlossen“ zu werden. Auch Zweifel, ob die Krankenkasse die Kosten übernimmt, können ein Hemmnis sein. Helfen Sie, diese Fehlannahmen und Bedenken auszuräumen.

Wenn die Person immer noch keine Unterstützung annehmen möchte, akzeptieren Sie die Entscheidung. Liegt eine konkrete Gefahr für die Person oder für Andere vor, wählen Sie den Notruf 110 oder 112.

Sollten Sie bei sich selbst Gefühle wie Frust, Aggressionen, Traurigkeit, Genervtheit, Erschöpfung oder Überforderung bemerken, sorgen Sie gut für sich. Aktivitäten, die Ihnen guttun, sind jetzt wichtig, um Ihre Ressourcen zu füllen. Wenden Sie sich vertrauensvoll an professionelle Personen, wenn Sie Unterstützung im Umgang mit depressiven Menschen wünschen.

Nehmen Sie gerne unverbindlich Kontakt zu mir auf! Gemeinsam finden wir einen Weg zurück in ein Leben mit mehr Lebensqualität und innerer Ruhe.

Fotos: https://pixabay.com/de/ & Henrike Ortwein

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