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Wo beginnt sexuelle Gewalt?

Triggerwarnung

In diesem Artikel geht es um Sexuelle Gewalt. Bei manchen Menschen kann dieses Thema negative Reaktionen auslösen. Bitte sei achtsam, wenn das bei dir der Fall ist. Lese den Artikel nicht oder nicht alleine.
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Sexuelle Gewalt und sexueller Missbrauch beschreiben Handlungen mit einem sexuellen Bezug, ohne dass eine Einwilligung des Betroffenen vorliegt. Dabei findet der sexuelle Missbrauch gegen den Willen oder ohne die wissentliche Zustimmung statt. Das kann auch bedeuten, dass die Opfer nicht in der Lage sind, dem Täter zuzustimmen, da sie entweder körperlich, geistig, seelisch oder sprachlich unterlegen sind.

Pro Jahr werden bundesweit zwischen 12.000 bis 13.000 Anzeigen wegen sexueller Nötigung oder Vergewaltigung aufgenommen. Die Dunkelziffer ist weitaus höher.

Was ist ein sexueller Übergriff?

Sexuelle Gewalt beginnt bereits bei einem sexuellen Übergriff. Allerdings ist ein sexueller Übergriff in der Regel noch nicht strafbar. Allerdings können Mädchen und Jungen dennoch sehr unter einem sexuellen Übergriff leiden, auch wenn die Handlung offiziell nicht verboten ist.

Beispiele für einen sexuellen Übergriff:

  • Belästigung durch sexuelle Worte
  • Gezieltes Beobachten eines Jungen oder Mädchens und Blicken auf den Po, die Brust oder den Intimbereich
  • Flüchtiges Berühren über der Kleidung, zum Beispiel an der Brust oder im Intimbereich

Bei einer flüchtigen Berührung wird von einer Grenzverletzung gesprochen, wenn die Person das Mädchen oder den Jungen aus Versehen berührt. Wichtig ist, dass die Person nach solch einer Berührung um Entschuldigung bittet.

Sexualisierte Gewalt

Bei sexualisierter Gewalt handelt es sich immer um einen massiven Eingriff in die Intimsphäre einer anderen Person gegen deren Willen. Oft wird sexuelle Gewalt als Mittel zur Machtdemonstration, aber auch zur Demütigung genutzt.

Durch den Begriff „sexualisierte“ Gewalt wird deutlich, dass die Handlungen zur Ausübungen von Gewalt und Macht ausgeübt werden. Dadurch sind Menschen mit Beeinträchtigungen besonders gefährdet, da sie sich durch die Unterlegenheit des Täters nicht ausreichend zur Wehr setzen können.

Die meisten Täter planen die Handlungen genau und sind sich im Klaren darüber, was sie tun. Bei Vergewaltigungen finden zwei Drittel der Taten entweder zu Hause, am Arbeitsplatz oder im Freundeskreis statt. Neben der Vergewaltigung gibt es noch zahlreiche weitere Formen der sexualisierten Gewalt wie beispielsweise

  • Unangenehme oder aufdringliche Blicke
  • Unerwünschtes Zeigen oder Zusenden von Videos oder Bildern mit pornografischem Inhalt
  • E-Mails mit pornografischem Inhalt
  • Sexuelle Gesten, Anspielungen oder Worte

Wer sind die Täter?

Die Täter können aus den unterschiedlichsten Bereichen stammen. Oft sind diese dem Opfer bereits vor den sexuellen Übergriffen bekannt. In der Regel stammen die Täter aus den folgenden Bereichen:

Familie: Eltern, Geschwister, Verwandte jeglichen Verwandtschaftsgrades, Lebensabschnittsgefährten, Stiefeltern

Soziales Umfeld: u.a. Nachbarn, Freunde, Bekannte, Kollegen

Fremdtäter: Täter ohne jeglichen Bezug zu den Opfern

Institutionen: Haupt- oder ehrenamtliche Mitarbeiter von Schulen, Kirchen, Vereinen, Heimen, Kliniken etc.

Organisierte Strukturen: Organisierte Gewalt

Organisierte rituelle Strukturen: Rituelle Gewalt durch Gruppierungen von (Schein-)ideologischen religiösen oder sektenähnlichen Gruppierungen

Mögliche Formen von sexueller Gewalt

Sexuelle Gewalt kann unterschiedliche Formen annehmen. Vor allem in Beratungsstellen werden die nachfolgenden besonders häufig genannt:

Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz

Hinterherpfeifen, Anstarren und taxierende Blicke, anzügliche Witze oder scheinbar zufällige Berührungen - all diese Taten sind mögliche Varianten der sexuellen Belästigung bei der Arbeit. Ebenso das Versprechen beruflicher Vorteile im Gegenzug für sexuelle Handlungen, aber auch das Androhen von Nachteilen bei einer Verweigerung sind häufige Vorkommnisse im beruflichen Umfeld. Zusätzlich zu den Handlungen des Täters kommt die Demütigung, nicht als fachlich kompetente Mitarbeiterin, sondern als Objekt angesehen zu werden.

Im Gegensatz zu einem Flirt bei der Arbeit ist eine sexuelle Belästigung immer einseitig und von der anderen Person unerwünscht.

Sexuelle Gewalt in der Ehe oder Partnerschaft

Eine weitere Form der sexuellen Gewalt ist die Gewalt in einer Beziehung. Dabei ist die ausübende Person in neun von zehn Fällen der männliche Part. Sexuelle Gewalt in der Ehe oder Partnerschaft ist in allen sozialen Schichten und Altersgruppen anzutreffen.

Im Unterschied zu häuslicher Gewalt, welche auch die Gewalt gegen Kinder und Jugendliche mit einschließt oder von den Kindern gegen die Eltern ausgehen kann, handelt es sich bei der sexuellen Gewalt in der Ehe oder Partnerschaft um eine Form der Gewalt, welche ausschließlich zwischen den beiden Partnern stattfindet.

Sexuelle Nötigung und Vergewaltigung

Vergewaltigungen finden in der Regel durch eine Person statt, welche dem Opfer flüchtig bis sehr gut bekannt ist. Nur bis zu 20 Prozent der Fälle finden durch eine unbekannte Person statt. Für die Opfer ist eine versuchte Vergewaltigung meist genau so schlimm wie eine vollzogene Vergewaltigung.

Schändung

Die Grenze zwischen einer Vergewaltigung und einer Schändung ist nicht immer ganz eindeutig. Einfach ausgedrückt handelt es sich bei einer Schändung um eine Tat, bei welcher das Opfer wehrunfähig ist. Ein Beispiel ist während einer Narkose, da sich das Opfer in diesem Zustand nicht zur Wehr setzen kann.

Die Folgen sind bei einer Schändung für das Opfer vergleichbar mit einer Vergewaltigung.

Stalking

Stalking bedeutet das bewusste, willentliche und wiederholte Belästigen oder Verfolgen einer bestimmten Person, deren physische und oder psychische Unversehrtheit und Sicherheit durch das Ausüben bedroht wird.

Typische Handlungen bei Stalking ist die unerwünschte Kontaktaufnahme durch ständige Anrufe, SMS Nachrichten oder das Überreichen nicht erwünschter Geschenke. Laut einer Studie sind 80 Prozent der Stalker männlich und 80 Prozent der gestalkten Personen weiblich.

Stalking zeichnet sich dadurch aus, dass das Verhalten für die Opfer bedrohlich wirkt und der Kontaktversuch des Täters etwas zwanghaftes hat.

Welche Handlungen sind strafbar?

Im Zusammenhang mit sexuellem Missbrauch wird zwischen den folgenden Straftatbeständen unterschieden:

  • Sexueller Missbrauch von Kindern
  • Sexueller Missbrauch von Jugendlichen
  • Plötzlicher Tod eines geliebten Menschen
  • Sexueller Missbrauch von Schutzbefohlenen
  • Sonstige Fälle des sexuellen Missbrauchs

Sexueller Missbrauch von Kindern

Der sexuelle Missbrauch von Kindern (§§ 176-176b StGB) umfasst sämtliche sexuelle Handlungen gegenüber unter 14 Jährigen.

Wird eine sexuelle Handlung an Mädchen oder Jungen ausgeübt, welche unter 14 Jahren sind, handelt es sich immer um sexuelle Gewalt, selbst wenn das Mädchen oder der Junge zustimmt. Begründet ist diese Tatsache darin, dass Forscherinnen und Forscher davon ausgehen, dass Jugendliche in diesem Alter grundsätzlich noch nicht in der Lage sind, sexuellen Handlungen zuzustimmen.

Als sexueller Missbrauch von Kindern wird auch das sogenannte Cybergrooming, das gezielte Ansprechen von Kindern im Internet, angesehen.

Sexueller Missbrauch von Jugendlichen

Bei zwischen 14 und 18 Jährigen wird von sexuellem Missbrauch von Jugendlichen gesprochen (182 StGB). In diesem Alter wird davon ausgegangen, dass die Jugendlichen in der Lage sind, eigene sexuelle Erfahrungen zu sammeln. Ein wichtiges Kriterium für den Entscheid, ob es sich um einen Strafbestand handelt oder nicht ist die Freiwilligkeit der Handlungen.

Sexueller Missbrauch von Schutzbefohlenen

Minderjährige unter 16 Jahren, die in einem Abhängigkeitsverhältnis zum Täter stehen, werden als Schutzbefohlene bezeichnet (§ 174 StGB). In einigen Fällen liegt die Altersgrenze bei 18 Jahren (Schutzaltersgrenze). Mögliche Abhängigkeitsverhältnisse sind beispielsweise Schüler-Lehrer Beziehungen, das Verhältnis zwischen Auszubildendem und Ausbilder, aber auch gegenüber dem Stiefvater.

Sonstige Fälle des sexuellen Missbrauchs

Bei sonstigen Fällen des sexuellen Missbrauchs spielt das Alter der Betroffenen keine Rolle (§§ 174a-174c StGB). Hier kommt es darauf an, dass die Opfer aufgrund eines
Abhängigkeitsverhältnisses dem Täter schutzlos ausgeliefert sind. Mögliche Fälle sind die Ausnutzung einer besonderen Amtsstellung wie etwa als Polizist, aber auch wenn ein Arzt oder ein Therapeut seine psychisch kranken, geistig oder körperlich behinderten Patienten missbraucht.

Was tun bei sexueller Gewalt?

Der wichtigste Schritt für Opfer von sexueller Gewalt ist es, sich Hilfe zu holen. Betroffene Frauen können sich beispielsweise an das allgemeine Hilfetelefon (0800 22 55 530) wenden.

Unter der 24 Stunden erreichbaren Nummer 08000 116 016 ist das Telefon "Gewalt gegen Frauen" zu erreichen, auch ein Hilfetelefon für Männer (0800 1239900) ist eingerichtet.

Über das Hilfetelefon kann der Kontakt zu Unterstützungseinrichtungen und einer lokalen Beratungsstelle hergestellt werden.

Generell sollten Sie sich ärztlich untersuchen lassen, damit Verletzungen dokumentiert und Beweise gesichert werden können. Vor allem, wenn eine Strafanzeige gestellt werden soll, sind Beweise sehr wichtig. Auch zum Tatzeitpunkt getragene Kleidungsstücke können als wichtige Beweisstücke dienen. Falls Sie einen gesundheitlichen Schaden erlitten haben, können Sie Hilfe durch das Opferentschädigungsgesetz beantragen.

Da viele Opfer nach einem sexuellen Übergriff traumatisiert sind, ist eine psychologische Unterstützung wichtig. Eine Psychotherapie hilft, die Erinnerungen an das Erlebte zu verabeiten.

Diese Rechte haben Sie als Opfer

Opfern sexueller Gewalt stehen verschiedene Rechte und Ansprüche zu.

  • Als Opfer sexueller Gewalt können Sie durch den Staat einen für Sie kostenfreien Rechtsanwalt als Beistand erhalten
  • Betroffene haben das Recht auf eine psychologische Prozessbegleitung vor, während und nach dem Verfahren
  • Auf Antrag ist es möglich, als Nebenklägerin oder Nebenkläger beim Strafverfahren aufzutreten
  • Kinder und Jugendliche gelten während einem Strafverfahren als besonders schutzbedürftig. Sie haben besondere Rechte wie etwa das Aussagen in einem geschützten Rahmen

Fotos: https://pixabay.com/de/ & Henrike Ortwein

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